
Ob ich vor meiner ersten Rede im Bundestag nervös gewesen sei, wurde ich gefragt. Zumindest nicht so nervös wie vor einem Jahr, als ich vor 500 Gästen zur Faschingszeit eine Büttenrede gehalten habe. Aber das ist eine andere Geschichte. Es war natürlich aufregend, als ich schließlich am Donnertag meine parlamentarische Feuertaufe in Berlin hatte. Das Thema meiner Rede war die Unabhängige Patientenberatung (UPD). Diese wurde 2001 von der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt aus guten Gründen eingeführt. Unser Gesundheitssystem wird ständig komplizierter. Folglich stehen Patienten oder Angehörige vor immer größeren Herausforderungen. Als Patient steht man vor einem gigantischen Berg an Fragen: „Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es“, „Zahlt meine Kasse“ oder „Gibt es ein passendes Selbsthilfeangebot“?
Also musste eine Beratung her, die sich um die Information und Aufklärung der Verbraucher und Patienten in gesundheitlichen und gesundheitsrechtlichen Fragen kümmert. Ich kann nur dazu raten, im Ernstfall dieses Angebot wirklich wahrzunehmen. Übrigens: Es spielt keine Rolle, ob sie privat, gesetzlich oder gar nicht krankenversichert sind. Die Unabhängige Patientenberatung macht das, was ihr Name sagt und ist dazu noch kostenfrei und bei Bedarf vertraulich. Für Hessen betreibt die Trägerorganisation der Beratung übrigens eine regionale Beratungsstelle in Gießen.
Die Grünen forderten in ihrem Antrag unter anderem, die Beratung weiter auszubauen, mehr Geld zur Verfügung zu stellen und die Laufzeit der Verträge mit den Trägern zu verlängern. Prinzipiell ist dagegen nichts zu sagen. Die Weiterentwicklung der Patientenberatung ist gerade im oft undurchschaubaren Dschungel des Gesundheitssystems sinnvoll. Nun haben wir aber ohnehin viele Änderungen geplant. Da wäre es doch sinnvoller, die Änderungen im Beratungssystem damit zu koordinieren und ein gutes Gesamtpaket zu schnüren.
Vor allem bei der Krankenhausversorgung werden viele neue Weichenstellungen erfolgen, die für mehr Qualität und Transparenz sorgen sollen. Patienten haben einen Anspruch darauf, im Krankenhaus nach dem neuesten medizinischen Stand und in bester Qualität behandelt zu werden. Aber Achtung, denn hier kommen wir zu einem Knackpunkt: Die Krankenhäuser müssen auch in die Lage versetzt werden, die notwendigen hohen Standards zu erfüllen. Viele Häuser schaffen es, trotz des Kostendrucks eine erstklassige Versorgung sicher zu stellen, unsere Main-Kinzig Kliniken sind dafür ein gutes Beispiel. Aber nicht überall gelingt der Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und Qualität. Fehlende Behandlungsqualität ist oft auch das Ergebnis von Sparen an der falschen Stelle. Daher halte ich es für so wichtig, die Qualität künftig stärker in den Fokus zu rücken. Deshalb ist ein neues Qualitätsinstitut geplant, das Qualitätsverträge zwischen Kassen und Krankenhäusern ermöglicht. Auch die Finanzierung der Krankenhäuser sollte künftig stärker an Qualitätskriterien gekoppelt werden. Das muss unter dem Strich nicht unbedingt teurer werden. Die Folgekosten von Behandlungsfehlern und schlechter Pflege sind nämlich meist höher, als Investitionen in Qualitätsverbesserungen. Schlecht versorgt ist meist auch teuer versorgt.
Auch die Einführung des Anspruchs auf eine ärztliche Zweitmeinung vor der stationären Behandlung im Krankenhaus wird zu zusätzlichem Beratung– und Informationsbedarf führen. Deshalb plädierte ich dafür, zunächst die Umsetzung und Wirkung dieser bevorstehenden Neuregelungen abzuwarten.
Ein Schnellschuss, wie ihn die Grünen forderten, führt am Ende zu keiner echten Verbesserung. Für Experimente ist die Unabhängige Patientenberatung einfach zu schade. Und nun raten Sie mal, wer mir während meiner gesamten Rede über die Schulter geschaut hat? Ulla Schmidt. Und das nicht nur im übertragenen Sinne, sondern tatsächlich, denn sie ist die neue Vize-Bundestagspräsidentin und saß währende meiner Rede unmittelbar hinter mir.