Bettina Müller und Heinz Lotz: „Flüchtlingen helfen, die Kontrolle über das eigene Leben zurück zu erhalten“

Welche Route seine Flucht aus Syrien hatte, weiß Haje Yaser nicht genau. Der 29-jährige Mathelehrer aus Damaskus weiß nur, dass er in der Türkei in ein Container gestiegen ist. Für Essen war kein Platz, nur für Wasser. Nach fünf Tage öffnete sich endlich wieder die Luke und er war in Passau angekommen. Das ist lediglich eine Geschichte von vielen, die sich die Bundestagsabgeordnete Bettina Müller, der Landtagsabgeordnete Heinz Lotz sowie Claudia Dorn, Arndt Lometsch und Jan Lauer von der SPD-Gelnhausen in der Gemeinschaftsunterkunft Schandelbach anhörten. Aktuell leben hier 85 Flüchtlinge.

Bürgermeister Thorsten Stolz betonte, dass es eine richtige Entscheidung war, die Bewohner von Anfang an aktiv zu begleiten. „Es ist immer unser Ziel, Menschen unter sozialen Gesichtspunkten zu betreuen. Das gilt selbstverständlich auch für die in den Unterkünften lebenden Flüchtlinge“, erläutert Thorsten Stolz. So werde hier eine Sozialarbeiterin gemeinsam von dem Diakonischen Werk und der Stadt finanziert. Ebenfalls sei ein Hausmeister regelmäßig vor Ort. Dank ehrenamtlicher Hilfe finden in einem Gemeinschaftsraum Deutschkurse und Kinderbetreuung statt.

Die Anwesenden sind sich einig, dass den Flüchtlingen geholfen werden muss, wieder die Kontrolle über das eigene Leben zurück zu erhalten. „Die Menschen hier haben oftmals dramatische Lebenserfahrungen gemacht. Ihre Geschichten stehen stellvertretend für die massenhafte Flucht vor Bürgerkrieg, politischer Verfolgung und Armut“, sagte Bettina Müller. Es sei bezeichnend, dass kaum eine andere Aufgabe Bund, Länder und Kommunen aktuell vor eine derart große Herausforderung stellt als die Flüchtlingspolitik. Überdies stehe Europa vor einer Generationenaufgabe. So müsse dringend eine europäische Asyl-, Flüchtlings- und Migrationspolitik eingerichtet werden. Die Stadt Gelnhausen lobte Müller für die vorbildliche Führung der Gemeinschaftsunterkunft.

Und dann lebt dort noch der 31-jährige Musab Makbel. Der Mann aus Damaskus ist eigentlich Zahnarzt. Der Landtagsabgeordnete Heinz Lotz befürchtet, dass hochqualifizierte Kriegsflüchtlinge wie er kaum mehr Rückkehrperspektiven in ihr Heimatland haben. „Sie haben dort nicht nur Krieg und Vertreibung erlebt, sondern auch den Verlust von Arbeit, Vermögen, Eigentum und damit auch die Entwertung des einstigen sozialen Status“, so Lotz. Deshalb gehe Gelnhausen mit der aktiven Betreuung von Anfang an auch den richtigen Weg, der den betroffenen Menschen eine Rückkehr in ein normales Leben erleichtere.

Müller und Lotz lobten die Vorbildliche Führung der Gemeinschaftsunterkunft. Zudem bedauern sie es, dass die Stadt – wie viele andere Kommunen auch – gezwungen sei, in finanzielle Vorleistung zu gehen. Es ehre zwar die Kreise, Städte und Gemeinden, dass sie sich derartig für die Flüchtlinge einsetzen. Die beiden Abgeordneten kritisieren jedoch, dass die Landesregierung das von dem vom Bund bereit gestellt Geld bislang nicht weitergeleitet hat. „Es kann doch nicht sein, dass die Kommunen jedem Cent hinterherlaufen müssen“, so Heinz Lotz.

Am 26. September will die Stadt von 15 bis 17 Uhr einen Flohmarkt in der Stadthalle abhalten um Flüchtlinge und Spender zusammenzubringen. Wer Interesse hat, kann sich unter a.veith@nullgelnhausen.de melden. Die SPD-Gelnhausen bekennt sich ausdrücklich zur Aufnahme von Flüchtlingen. Als ersten Schritt veranstalten die Sozialdemokraten ebenfalls am 26. September, ab 9 Uhr ein Frühstück der Kulturen in der Zehntscheune. Anmeldungen sind unter ortsverein@nullspd-gelnhausen.de möglich.