
Thema: Freies WLAN endlich möglich: Ist Deutschland nun ein Stück weit in der Zukunft angekommen
Im Mittelalter war es einer der schwierigsten Jobs, Bote zu sein. War die zu überbringende Kunde schlecht, drohte eine Strafe. Die gute Nachricht: Heutzutage dürfen Postboten ihren Kopf behalten, egal was in den Briefen steht. Als Überbringer tragen sie dafür keine Verantwortung mehr. Wir sind ja nicht mehr im Mittelalter.
Zumindest bis vor ein paar Wochen. Ausgerechnet beim Thema Internet war das anders. Von meinem Wahlkreisbüro in Gelnhausen stelle ich einen freien WLAN-Anschluss zur Verfügung. Wer in Funkreichweite steht, der kann bei mir kostenlos und ohne viel Tamtam ins Internet. Damit bin ich so etwas wie eine Botin oder eine Überbringerin von Inhalten. Wenn nun jemand über meinen Freifunk im Internet surft und sich das neuste Album vom Nockalm Quintett illegal herunterlädt, dann wäre ich sowas wie die Überbringerin der illegalen Downloads. Ich müsste nicht einmal etwas davon wissen. Jetzt kommt die Gewissensfrage: bin ich dafür verantwortlich oder nicht?
Bevor Sie diese Frage beantworten, möchte ich sie ausweiten. Telekom oder MNet stellen uns den Internetanschluss zur Verfügung. Sind damit auch diese Unternehmen dafür mitverantwortlich, wenn sich jemand das neuste Album des Nockalm Quintetts klaut? Sie stellen ja schließlich den Anschluss zur Verfügung. Sie sind es nicht! Waren sie auch nie. Wir sind ja schließlich nicht im Mittelalter. Anders sah es bis vor wenigen Tagen aber bei privaten Anbietern oder Betreibern von Cafés, Kommunen, Firmen oder Schulen aus: Wer freies WLAN anbieten wollte, machte sich ungewollt strafbar, wenn jemand über dieses WLAN etwas Illegales macht. Das ist die sogenannte Störerhaftung. Die haben wir im Bundestag jetzt abgeschafft. Wenn künftig jemand im Internet Mist baut, haftet nicht mehr der Betreiber eines WLANs dafür. Dann haftet nur derjenige, der die Tat begeht! Das klingt doch absolut logisch! In Berlin war das aber ein dickeres Brett, als man glauben mag.
Die Störerhaftung ist eines der Gründe dafür, warum Deutschland beim freien Internet hinten ansteht, obwohl Minister Dobrindt noch 2013 ankündigte, Deutschland brauche die beste
Netzinfrastruktur der Welt. Frankreich, Großbritannien, Israel, China, USA, überall wird beim freien WLAN auf die Tube gedrückt. Nur bei uns zog uns die Störerhaftung nach unten wie Skischuhe beim Wasserspringen. Gegen den Willen von CDU/CSU haben wir es geschafft, ohne Wenn und Aber Privatpersonen, Firmen, Institutionen, die ihr WLAN frei zur Verfügung stellen möchten, Providerprivilegien zu verschaffen. Privilegien, wie Telekom oder MNet sie haben. Damit sind sie nur noch Überbringer von Inhalten. Sie müssen nicht mehr fürchten, für Rechtsverletzungen Dritter in Haftung genommen werden zu können.
Wir haben uns auch durchgesetzt und das freie WLAN so einfach und bedienerfreundlich wie irgend möglich gehalten. Wenn beispielsweise die neue Geschäftsstelle der Kinzigtal-Nachrichten als Service freies WLAN anbieten möchte, dann braucht sie kein Kennwort, keine Verschlüsselung und auch keine Vorschaltseite. Wenn man sich dann noch überlegt, die Geschäfte in der gesamten Einkaufsstraße in Schlüchtern würden freies WLAN anbieten und über ein Freifunknetz organisieren, dann könnte man die Obertorstraße in Schlüchtern auf und ab laufen und hätte überall freies Internet. Das ist der Forstschritt den wir brauchen. Natürlich gibt es auch Kritik an dem Gesetzesvorhaben. Gerichte können in Ausnahmefällen anordnen, dass die illegal Handelnden vom ihrem WLAN-Netz ausgeschlossen werden. Zum einen sind die Vorgaben solcher gerichtlicher Anordnungen äußerst hoch. Dennoch müssen wir dieses Thema auch noch anpacken und europarechtlich klären.
Wenn ich nun aus dem Fenster meines Büro in Gelnhausen beobachte, wie Menschen entzückt auf ihr Mobiltelefon blicken, dann freue ich mich eine Botin zu sein. Ich hoffe, dass wir viele Menschen, Cafébetreiberinnen, Firmen, Kommunen oder Schulen dazu ermutigen, freies WLAN oder Freifunk der Allgemeinheit anzubieten.