Bundesverkehrswegeplan: Realistischer Fahrplan oder politisches „Wünsch Dir was“?

Im Verkehrsausschuss des Bundestages sitzen 41 Abgeordnete. Für die übrigen 590 Abgeordneten sind sie seit einigen Wochen die absoluten Lieblinge. Denn die sind nah dran an den Infos zum Bundesverkehrswegeplan (BVWP). Wir Übrigen wollen so schnell es möglich ist erfahren, welche Verkehrsprojekte aus unseren Wahlkreisen den Weg dorthin geschafft haben. Welchen Stellenwert die Bundesregierung einzelnen Vorhaben verleiht. Denn der BVWP ist das Planungsinstrument für die Verkehrspolitik der kommenden 15 Jahre schlechthin.

Jetzt schauen wir uns mal kurz in meinem Wahlkreis um. Er reicht vom Sinntal bis nach Schotten. Unter normalen Umständen brauche ich ungefähr eine Stunde für diese Strecke. Wir „Landeier“ sind das aber gewöhnt. Generell sind wir Menschen aus unserer Region sehr auf Mobilität angewiesen. Unsere Infrastruktur und unser Verkehrssektor tragen entscheidend zu unserem Lebensstil, zum Wohlstand und Wachstum bei. Selbst wenn man nicht zu einem der unzähligen Pendler zählt, die früh morgens am Bahnhof auf den Zug nach Frankfurt warten, braucht man hier ein Auto oder irgendein Verkehrsmittel. Spätestens dann, wenn man zum Arzt oder in die Schule muss. Hinzu kommt, dass unsere Prognosen keine Zweifel lassen: Das Verkehrsaufkommen wird in Zukunft weiter wachsen und der Verkehrssektor an Bedeutung zunehmen.

Nun lautet die Frage dieser Kolumne, ob der BVWP ein realistischer Fahrplan ist oder eher ein politisches „Wünsch Dir was“. Gerne würde ich die Frage mit einem „entweder oder“ beantworten. Aber so funktioniert Politik leider nicht. Zunächst ist der BVWP ein grob kalkulierter Wunschzettel, weil es weder ein Finanzierungsplan, noch ein Finanzierungsprogramm ist. Auch hat es keinen Gesetzescharakter. So wirkt es erst einmal wie eine Willenserklärung der Bundesregierung. Konkret wird es dann schnell, wenn die auf den BVWP aufbauenden Ausbaugesetze mit ihren jeweiligen Bedarfsplänen kommen. Der BVWP ist quasi die Wegbereitung für eine Aktualisierung unserer Verkehrsinfrastruktur bis 2030. Das Volumen beträgt diesmal knapp 270 Mrd. Euro. Alleine 132,8 Mrd. Euro entfallen auf die Straße und 112,3 Mrd. Euro auf die Schiene. Zudem wurde beim BVWP ein Schwerpunkt auf die größte verkehrliche Gesamtentwicklung gelegt.

In einem ersten Entwurf ist der Bundesverkehrswegeplan 2016 Mitte März offengelegt worden. Mit der geplanten ICE-Strecke von Hanau nach Fulda findet sich dort ein für uns sehr bedeutendes Projekt wieder. Bereits seit Monaten wird im sogenannten Dialogforum der Bahn unter Einbeziehung der unterschiedlichsten Interessen (Kommunen, Bürgerinitiativen, Politik, Naturschutzverbände, IHK, HWK, …) intensiv über diese Vorhaben diskutiert. Im Wesentlichen geht es darum, wo die Bahnstrecke entlang laufen soll. Durch den Spessart, den Vogelsberg oder nahe an der vorhandenen Bahnstrecke durch das Kinzigtal? Deshalb wirkte es zunächst einmal verwunderlich, dass im BVWP relativ konkrete Trassen präsentiert wurden, obwohl im Dialogforum die Diskussionen noch im vollen Gange sind. Diese Planungen wurden aber gebraucht, um die ungefähren Investitionen ermitteln zu können. Eine Priorisierung auf eine Trassenführung sollte es nicht sein.

Nach der Präsentation des Entwurfs im März folgten die Strategische Umweltprüfung der einzelnen Projekte und erstmals eine breite Öffentlichkeitsbeteiligung. Ich empfand es als äußerst positiv, dass aus meinem Wahlkreis sehr viele Stellungnahmen zum Bundesverkehrswegeplan abgegeben wurden. Bundesweit erreichten das Verkehrsministerium 39.000 Stellungnahmen von Einzelpersonen und Organisationen. Verkehrspolitiker im Bundestag werden noch ein Weilchen unsere Lieblingskollegen bleiben. Schließlich wollen wir alle wissen, wie es mit den rund 1000 Verkehrsprojekten weiter geht.

Zusätzliche Informationen finden sich auf einer Homepage des Bundesverkehrsministeriums: www.bvwp2030.de