Keine Frage: Die Dorfentwicklung hat für Bürgermeister Rudi Kessler oberste Priorität. Was er sich aber fragt, ist, woher das Geld dafür nehmen? Nicht, dass es an Fördertöpfen mangeln würde. Doch im Dschungel der verschiedenen Programme fehlt der Überblick, wie er im Gespräch mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Bettina Müller bemängelte.
Als Sprachrohr für die Belange ihrer Region begreift sich Bettina Müller. Dem kann ich aber nur gerecht werden, wenn ich weiß, wo der Schuh drückt. Deshalb sucht sie aktiv das Gespräch mit den Menschen. Im Rahmen ihrer Bürgermeister-Tour traf sie sich nun mit Kefenrods Verwaltungschef Rudi Kessler. Diesmal mit von der Partie: Lisa Gnadl, SPD-Landtagsabgeordnete.
Kessler hatte durchaus Positives zu berichten. So ist die kleinste Gemeinde im Wetteraukreis in puncto Sicherheit die größte steht sie doch in der Kriminalitätsstatistik an unterster Stelle. Es dürfte die einzige Statistik sein, bei der sich ein Bürgermeister über den letzten Platz freut. Anders sieht es da bei der Unterstützung für die Kleinsten in der kommunalen Familie aus. Für Kessler stehen sie gefühlt an letzter Stelle. Zwar gäbe es eine Vielzahl an Förderprogrammen, wie Kessler einräumte. Die Crux: Es mangele an einer systematischen Übersicht. Die Suche nach dem jeweils passgenauen Programm erweise sich oft als die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Und das ist für ihn das Problem: Wir haben in unseren Verwaltungen einfach nicht genügend Personal, um den richtigen Fördertopf zu ermitteln und die Bürokratie abzuarbeiten, die daran hängt.
Tatsächlich gibt die Statistik Kessler Recht. Vielfach werden Fördertöpfe gar nicht ausgeschöpft, die zur Verfügung stehenden Gelder gar nicht abgerufen. Entweder ist nicht bekannt, dass es sie überhaupt gibt. Oder aber, die Bearbeitung der Anträge wäre zu aufwendig. Eine weitere, im System angelegte Perversion: Mitunter sind die Personalkosten, die eine Kommune aufwenden muss, um irgendwann in den Fördertopf greifen zu können, höher als die zu erwartende Fördersumme. Kessler: Gerade wir kleine Gemeinden stehen da vor besonderen Herausforderungen und bräuchten dringend Unterstützung.
Derlei Probleme sind Bettina Müller bekannt, sogar von Hause aus. Kommt sie doch aus Flörsbachtal, der kleinsten Gemeinde des Main-Kinzig-Kreises. Ehrenamtlich war sie dort sechs Jahre lang Beigeordnete und ständige Vertreterin des Bürgermeisters. Es reicht nun mal nicht aus, Förderprogramme in die Welt zu setzen. Wir brauchen hier auch eine Vernetzung und vor allem Transparenz, meinte die Sozialdemokratin. Hier ist vor allem das Regionalmanagement gefragt.
Auch jetzt, als Bundespolitikerin, kämpft Bettina Müller für die Kommunen. Ich bin ein Landei. Und das aus vollem Herzen, scherzt sie gerne über sich selbst. Aber Scherz beiseite. Völlig ernst ist es ihr mit der Dorfentwicklung, ebenso wie Kessler. So engagiert sie sich neben ihrer Arbeit im Gesundheits-Ausschuss in der Arbeitsgruppe Kommunales ihrer Fraktion, im Unterausschuss Kommunales des Bundestages und war Mitglied der SPD-Projektgruppe Neuer Zusammenhalt.
Gleichwertige Lebensverhältnisse darum geht es Bettina Müller. Das heißt für sie: gute Grundversorgung in allen Städten und Gemeinden, ein verlässlicher öffentlicher Nahverkehr, hochwertige Gesundheitsversorgung, gute Bildungs- und Kultureinrichtungen, familiengerechte Kinderbetreuung. Doch die Realität sehe derzeit anders aus. Die Einheitsfrage stellt sich inzwischen neu, nicht mehr nur zwischen Ost und West, sondern quer durchs Land, meint die Abgeordnete. Die Schere zwischen prosperierenden und notleidenden Kommunen geht immer weiter auseinander. Deutschlands Stärke liege jedoch im solidarischen Ausgleich zwischen den Regionen. Wie kann es in Deutschland auch räumlich gerecht zugehen, lautet daher eine der Fragen, die Bettina Müller beschäftigen. Hierzu hat sie sich eindeutig positioniert: Gerechtigkeit bedeutet für mich, dass wir uns nicht spalten lassen in starke und schwache Regionen, in reiche Ballungszentren und arme ländliche Räume. Die Menschen auf dem Land haben die gleichen Rechte gegenüber dem Staat, wie die Bewohner von Großstädten. Dafür werde ich mich auch weiterhin einsetzen.